Wer einen gefälschten Impfnachweis im Betrieb nach § 28b Abs. 1 IfSG a. F. (3G im Betrieb) vorlegt, begeht nicht nur eine Straftat (§ 279 StGB), sondern auch eine seine Kollegen potenziell gefährdende schwere Nebenpflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen kann.
Was war geschehen?
Die Klägerin sandte am 09.12.2021 eine E-Mail an E. W. beim Arbeitgeber folgenden Inhalts:
„Betreff: Test-Zertifikat von A.
Moin E., anbei mein Zertifikat plus Bilder vom Test, den ich heute probehalber gemacht habe. Kläre bitte, ob ich so am Montag wiederkommen kann. Ein Test mit Zertifikat ist nur 1 x pro Woche vorgeschrieben. Diesen würde ich dann innerhalb der Woche auf einen Nachmittag schieben, weil es zeitlich nicht anders zu bewerkstelligen ist. Danke für Info. LG A.“
Der E-Mail angehängt waren Bilder von dem Teststreifen des von der Klägerin selbst durchgeführten Corona-Tests sowie eine Testbescheinigung vom „Testzentrum/Teststelle (testing centre): Arztpraxis Dr. med. A., K. 1, XXXX Berlin“. Im unteren Bereich der Bescheinigung, direkt über der auf den 09.12.2021, 8:55 Uhr, datierten Unterschrift der Frau Dr. A., ist als Testergebnis „negativ“ angekreuzt. In der Zeile darüber ist angekreuzt der Text „Testung durch Leistungserbringer i.S.d. § 6 Abs. 1 TestV (Test bei service provider)“.
Frau Dr. A. hatte den Corona-Test tatsächlich nicht selbst durchgeführt. Sie betreibt eine Online-Plattform, auf der die sich selbst testenden Nutzer ihre Angaben zu ihrer Person, dem Testdatum, der Testart und des Testanbieters eingeben. Sodann wird von Frau Dr. A. eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt, die durchgeführte Testung dokumentiert oder, nach eigenen Angaben, zertifiziert. Die durchgeführte Testung wird möglicherweise von den Nutzern an Eides statt versichert.
Dies war dem Arbeitgeber zwar nicht bekannt, er hegte jedoch Zweifel an der Gültigkeit und Echtheit der Bescheinigung, da die Klägerin am 09.12.2021 in an einem anderen Ort und nicht in Berlin aufhielt, sodass die Durchführung des Tests in Berlin unmöglich war. Eine kurze Internetrecherche bestätigte, dass es kein Testzentrum einer Frau Dr. A. in Berlin gab, sondern vielmehr eine Pressemitteilung über die Ungültigkeit der von Frau Dr. A. erteilten Testzertifikate sowie ein dazu veröffentlichter Artikel:
„Der Betreiber der Seite bietet das Ausstellen negativer Corona-Testzertifikate an. Hierfür genügt das Ausfüllen eines Fragebogens. Im Oktober hatten SWR-Recherchen ergeben, dass sich die Testzertifikate auch ohne vorherige Durchführung eines Corona-Selbsttests erhalten lassen. Als überwachende Ärztin wird auf dem Zertifikat die 79-jährige Dr. med. A. genannt, die ihre Frauenarztpraxis an eine Nachfolgerin verkaufte.“
Daher wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen.
ArbG Düsseldorf, Urteil vom 18.2.2022 – 11 Ca 5388/21
Herr Rechtsanwalt Dieter Merz
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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