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Equal Pay: Besseres Verhandlungsgeschick rechtfertigt kein höheres Gehalt

Eine Frau hat Anspruch auf die gleiche Vergütung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit wie ihr männlicher Kollege: der Arbeitgeber darf den männlichen Kollegen wegen ihres Geschlechts nicht mehr Lohn zahlen.

Wie viel Lohn jemand erhält, darf nicht davon abhängig gemacht werden, welchem Geschlecht die Person angehört. Eine Frau hat Anspruch auf die gleiche Vergütung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit wie ihr männlicher Kollege: der Arbeitgeber darf den männlichen Kollegen wegen ihres Geschlechts nicht mehr Lohn zahlen. Dies gilt auch dann, wenn der Kollege in den Gehaltsverhandlungen einen höheren Verdienst ausgehandelt hat. Zu diesem Schluss kam das Bundesarbeitsgericht als höchste Instanz in der Arbeitsgerichtsbarkeit und widersprach damit dem Landesarbeitsgericht Sachsen.

Die Rechtslage

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer: dieser Grundsatz ist sowohl auf europäischer Ebene im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als auch auf nationaler Ebene im Allgemeinen Gleichhandlungsgesetz (AGG) sowie im Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (EntgTranspG) festgeschrieben.

Der Fall und das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichtes

Wie kann man vergleichen, ob eine Arbeit gleichwertig ist?
Um festzustellen, ob eine Arbeit gleichwertig ist, werden vor Gericht verschiedene Faktoren beurteilt und in ihrer Gesamtheit betrachtet. Dazu gehörten im vorliegenden Fall zum Beispiel die Art der Arbeit, Arbeitsbedingungen und Ausbildungsanforderungen.

Die Klägerin, Herr P. und Herr G.

  • verfügten als Angestellte im Vertriebsaußendienst über dieselben Verantwortlichkeiten und Befugnisse,
  • hatten identische Arbeitsverträge (abgesehen von den Gehaltsvereinbarungen),
  • waren in der Lage, sich im Krankheitsfall gegenseitig zu vertreten,
  • wurden nach Inkrafttreten eines Haustarifvertrages in die gleiche Entgeltgruppe eingestuft,
  • haben ihre Einarbeitung durch die gleiche Führungskraft erhalten.

Nicht ins Gewicht fiel in dem Fall, dass die Mitarbeitenden unterschiedliche Produktfelder und Kunden betreuten. Trotz dieser Unterschiede stand für das Gericht zweifelsfrei fest, dass die Mitarbeitenden eine gleichwertige Aufgabe erfüllten.

Trotzdem erhielten die drei Mitarbeitenden ein unterschiedlich hohes Gehalt für ihre Arbeit.

Nach Meinung des Sächsischen Landesarbeitsgerichtes zu Recht:

Der Arbeitgeber konnte dem sächsischen LAG noch durch objektive Faktoren klarmachen, dass die unterschiedlichen Gehaltszahlungen nicht des Geschlechts wegen erfolgt wäre, sondern wegen anderer Gründe.

Dienstalter bzw. Berufserfahrung

Herr G., einer der männlichen Kollegen, ist bereits sehr lange im Unternehmen. In dieser Zeit hat er einen der Bereiche quasi im Alleingang aufgebaut. Von diesen Leistungen und seinen hohen Umsätzen hat der Arbeitgeber profitiert. Darum könne der Arbeitgeber dies auch durch eine höhere, außertarifliche Bezahlung honorieren.

Mitarbeitergewinnung

Dem männlichen Kollegen P. wurde in den Verhandlungen während des Einstellungsprozesses dieselben Bedingungen wie Mitarbeiterin U angeboten. Der lehnte das Grundgehalt von 3500 jedoch ab und forderte 4500 Euro. Dieser Betrag sollte bis zu dem Zeitpunkt gezahlt werden, zu dem die Erfolgsbeteiligung einsetzen würde. Der Arbeitgeber ging auf die Forderung ein, und begründete dies mit dem dringenden Interesse, den neuen Mitarbeiter zu gewinnen. Der Arbeitgeber wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass zehn Monate nach Arbeitsbeginn des neuen Kollegen, die dienstälteste Mitarbeiterin das Unternehmen verlassen würde. Der Druck, einen qualifiziert erscheinenden Mitarbeiter für sich zu gewinnen, stellt für das Gericht einen Grund dar, ihm ein höheres Gehalt als das angebotene Gehalt zu zahlen. Die Klägerin wurde zwei Monate später eingestellt und akzeptierte das angebotene Grundgehalt von 3500 Euro.

Beförderung und Nachfolge einer höher bezahlten Person

Schon während der Verhandlungen zur Einstellung wurde Herrn P. die Nachfolge der ausscheidenden Bereichsleiterin angeboten, die ein Gehalt von 4220 Euro bekam. Im Zuge der Beförderung zum Leiter Vertrieb Bahntechnik wurde sein Grundgehalt auf 4000 Euro erhöht und eine Halbierung der arbeitsvertraglich vereinbarten erfolgsabhängigen Entgeltkomponente vereinbart. Da der Arbeitgeber mit der Ernennung die im Einstellungsprozess gemachten Zusagen einhielt, sah das LAG Sachsen dies als gerechtfertigt und legitim an und kam zu dem Ergebnis, dass der weiblichen Kollegin nicht das gleiche Gehalt zusteht.

Die Revision: Urteil des Bundes-Arbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat dem jetzt widersprochen, und in seiner Pressemitteilung keinen Zweifel gelassen: „Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert es nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.“
Der Arbeitgeber muss der Klägerin das gleiche Gehalt zahlen wie ihrem fast zeitgleich eingestellten Kollegen.
In anderen Worten: Besseres Verhandlungsgeschick rechtfertigt kein höheres Gehalt. Will der Arbeitgeber diesem Mitarbeiter ein höheres Gehalt zahlen, so hat er dies auch vergleichbaren Mitarbeitern zu zahlen, die nicht derartiges Verhandlungsgeschick bewiesen haben. Zudem wurde der Klägerin eine immaterielle Entschädigung (quasi Schmerzensgeld) in Höhe von 2000 Euro zugesprochen, aufgrund der wegen ihres Geschlechts von ihr erlittenen Benachteiligung, .

Fazit

Das Urteil hat Konsequenzen für den Umgang mit Gehältern. Unterschiedliche Gehälter können von jeher durch objektive Gründe gerechtfertigt werden, aber insbesondere die Aushandlung des höheren Gehalts im Zuge der Mitarbeitergewinnung hat das BAG offensichtlich nicht gelten lassen. Eine ausführliche Begründung (die sogenannte Volltextveröffentlichung) steht momentan noch aus.
Klar ist aber: Unternehmen müssen in Zukunft noch genauer auf ihre Lohnpolitik achten und Ungleichheiten vermeiden. Arbeitgeber, deren Gehaltspolitk einen Gender Pay Gap aufweist, müssen bei möglichen Klagen genau rechtfertigen, warum sie welche Gehaltsentscheidungen getroffen haben – und ob die Entscheidungen wirklich objektiv und gerecht gefällt wurden.
Dabei wird eine derartige Ungleichbehandlung nicht nur bei unterschiedlichen Geschlechtern zu vermeiden sein, sondern aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes auch bei Kollegen des gleichen Geschlechts, denn das “Verhandlungsgeschick” wurde vom BAG nicht als taugliches Unterscheidungskriterium anerkannt.
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Quellen:

Über den Autor
Albrecht Lauf
Albrecht Lauf

Als Rechtsanwalt und Managing Partner des Legal Teams unserer Kanzlei berate ich in allen Fragen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts.

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