Sowohl die Kunst als auch das Design haben eins gemeinsam: im Mittelpunkt des Schaffens steht stets das Ergebnis einer Leistung, die sich von bereits Vorhandenem abzugrenzen versucht und bestenfalls etwas Neues entstehen lässt.
Das jeweilige Resultat sollte dann so gut wie möglich vor der Nachahmung durch Konkurrenten geschützt werden. Dafür existieren verschiedene Instrumente, die das geistige Eigentum schützen. Konkret enthalten sowohl das Designrecht als auch das Urheberrecht gesetzliche Regelungen, die verschiedene Aspekte des geistigen Eigentums schützen.
Das Designrecht und das Urheberrecht unterscheiden sich jedoch erheblich in ihrem Schutzumfang, ihren Voraussetzungen und ihrem Anwendungsbereich.
Mit der Abgrenzung dessen hat sich Anfang des Jahres das Oberlandesgericht Köln in einem bereits langwierigen Rechtsstreit um die Birkenstock-Sandalen beschäftigt und dabei in anschaulicher Art und Weise die wesentlichen Unterschiede des Designs und Urheberrechts klargestellt.1
Im Ergebnis hat das OLG den Urheberrechtsschutz für die Birkenstock-Sandalen mit deutlichen Worten abgelehnt.
Um die Gründe der Entscheidung verstehen zu können, sind zunächst die Unterschiede von Design- und Urheberrecht zu betrachten.
Was ist ein Design überhaupt?
Ein Design betrifft das äußere Erscheinungsbild eines Produkts oder eines Teils davon. Geschützt wird daher insbesondere die Gestaltung, die sich aus der Kombination von Linien, Konturen, Farben, Form, Textur und Materialien ergibt.
Das Design verfolgt dabei regelmäßig einen Gebrauchszweck, d. h. es erfüllt eine Funktion oder auch eine Aufgabe, die es mit gestalterischen Mitteln zu lösen gilt.
Sobald ein Design eingetragen ist, beansprucht es Schutz für die nächsten 25 Jahre.
Das Urheberrecht hingegen ist durch eine wesentlich längere Schutzdauer geprägt. Denn erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt der Schutz nach dem Urhebergesetz.
Welche Voraussetzungen müssen nun erfüllt sein, um in den Genuss dieser äußerst langen Schutzdauer zu gelangen?
Darin lag der Kern der Entscheidung des OLG Köln.
Das Urheberrecht schützt Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Darunter zählen auch Werke der bildenden und angewandten Kunst, das heißt, auch produktgestalterische Erzeugnisse können urheberrechtlich geschützt sein. Wichtig ist, dass sie eine sogenannte Schöpfungshöhe erreichen. Damit ist gemeint, dass das Werk eine „persönliche geistige Schöpfung“ darstellt, sodass darin die individuelle Persönlichkeit des Urhebers zum Ausdruck kommt.
Das OLG Köln hat hierzu festgehalten, dass es sich um eine künstlerische Leistung handeln muss, die über die reine Umsetzung funktionaler Zwecke hinausgeht.
Die alles entscheidende Frage lautete somit, ob die bekannten Birkenstock-Modelle „Gizeh“ und „Arizona“ als künstlerische Leistung eingeordnet werden können. Doch sind „orthopädische“ Sandalen als Kunst anzusehen, allein deshalb, weil sie sich in der aktuellen Mode durchgesetzt haben?
Sind Birkenstocksandalen Kunst?
Das OLG Köln verneinte diese Frage.
Das Gericht stellte im Wesentlichen fest, dass die Birkenstock-Sandalen trotz ihrer ästhetischen Gestaltung nicht die notwendige künstlerische Schöpfungshöhe erreichen. Das Design der Sandalen sei hauptsächlich durch funktionale Überlegungen geprägt und nicht durch künstlerische Kreativität. Für den Urheberrechtsschutz muss das Werk über die reine Funktionalität hinaus jedoch eine freie künstlerische Entscheidung widerspiegeln. Daran fehle es, so das OLG Köln.
Denn die Gestaltung der Birkenstock-Sandalen verfolgte vorrangig den Zweck, eine Sandale zu entwerfen, die der natürlichen Fußform nachempfunden ist und damit ein besonders „gesundes“ Modell eines Schuhs darstellt.
Nach dem OLG Köln hat sich der Entwerfer, Karl Birkenstock, dabei an das bereits Bekannte gehalten und eine Sandale im Rahmen des handwerklichen Könnens eines Orthopäden geschaffen. Eine kreative und schöpferische Leistung sei allerdings nicht zu erkennen. Der Gestaltungsspielraum sei bei Sandalen dieser Art ohnehin nur sehr gering und durch die Funktionalität begrenzt.
Alles in allem zeigt die Entscheidung sehr deutlich, worin die verschiedenen Anwendungsgebiete und der Zweck des Designs und des Urheberrechts liegen. Das OLG Köln bringt es wie folgt auf den Punkt:
„Kunst ist tendenziell durch ihre Zweckfreiheit gekennzeichnet, Design durch seine Orientierung am Gebrauch. Kunst beginnt mit einer Idee, Design mit einer Aufgabe.“
Die Aufgabe, eine orthopädische Sandale zu entwerfen, die trotz allem ästhetisch ansprechend ist, hat Karl Birkenstock jedenfalls erfolgreich umgesetzt. Bei all dem ist nicht zu vergessen, dass auch für Birkenstock zahlreiche Designs eingetragen sind. Die Sandalen sind damit nicht gänzlich schutzlos – zumindest für einen Zeitraum von 25 Jahren.
Damit wollte sich Birkenstock jedoch nicht zufrieden geben und hat Revision eingelegt. In der Sache wird daher noch der BGH das letzte Wort haben.
Fazit
Während das Designrecht den praktischen und ästhetischen Wert von Produkten schützt, bietet das Urheberrecht Schutz für künstlerische Werke mit einem höheren Maß an kreativer Gestaltungsleistung.
Damit zeigt sich deutlich die Bedeutung der Wahl der richtigen Schutzrechte – kontaktieren Sie uns, damit wir gemeinsam die richtige Strategie für Ihr geistiges Eigentum entwerfen können!
Quelle
- OLG Köln, Urteil vom 26.01.2024 – 6 U 89/23 ↩︎