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Die Übertragung einer Arbeitnehmererfindung nach dem Arbeitnehmer­erfindungs­recht

Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer zur Konkurrenz wechselt und das Patent für seine Arbeitnehmererfindung hälftig übertragen haben möchte?

BGH: Urteil zur Arbeitnehmererfindung „Zündlanze“

Erfinderinnen und Erfinder sind regelmäßig keine privat handelnden Personen, sondern Angestellte in einem technologischen Unternehmen, wo sie in der Forschungsabteilung tätig werden. Das Recht, Patente auf technische Erfindungen anzumelden, liegt grundsätzlich aber bei der Person, die die Erfindung getätigt hat. Das wäre aber zum Nachteil der Unternehmen, schließlich werden die Technologien in der Regel für diese entwickelt.

Derartige Kollisionen von Rechtspositionen von Angestellten und Unternehmen werden durch das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbNErfG) versucht zu lösen. Doch wie ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zu einem Konkurrenzunternehmen wechselt und das Patent hälftig übertragen haben möchte? Die Frage nach der Übertragung der Arbeitnehmererfindung nach dem ArbNErfG hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall „Zündlanze“ zu klären.

Im Urteil vom 27. Juli 2021 hat der BGH konstatiert, dass Unternehmen die Rechte an einer Erfindung ihrer Angestellten diesen nur dann übertragen müssen, wenn diese rechtzeitig eine Rückgabe verlangen. Nach § 16 Abs. 2 ArbNErfG beläuft sich diese gesetzliche Frist auf drei Monate nach Ankündigung der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers, dass das Patent aufgegeben werden soll. Dies gelte auch dann, wenn der Betrieb die Erfindung später doch selbst weiter benutzen will.

Die Erfindung

Der Kläger war in diesem Fall von November 2004 bis Ende September 2015 ein Arbeitnehmer der Beklagten. Er war zunächst als Entwicklungsingenieur und zuletzt als Leiter der Entwicklungsabteilung tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit entwickelte der Arbeitnehmer eine „Zündlanze“ zum Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen. Die Arbeitgeberin nahm sodann die Erfindung in Anspruch und meldete die Erfindung 2012 zum Patent an.

Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Unternehmen der Beklagten kündigte die Arbeitgeberin am 29. März 2016 per E-Mail an den Kläger an, dass sie eine Erfindungsvergütung für sechs Jahre zahlen werde. Nach Ablauf dieser Zeit werde sie aber nicht mehr an dem Patent festhalten. Daraufhin beanspruchte der Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 2016 die Übertragung des Patents an sich selbst.

Zwischenzeitlich hatte der Kläger angefangen, bei einem Konkurrenzunternehmen der Beklagten zu arbeiten. Auf Grund dieses Umstands verweigerte die Beklagte die Übertragung des Patents und kündigte im Mai 2017 an, dass sie das Patent doch weiter nutzen wolle. Daraufhin nahm der Kläger die Beklagte auf hälftige Übertragung des Patents auf der Grundlage des Arbeitnehmererfindungsrechts in Anspruch und bekam durch das Landgericht Mannheim Recht. Diese Entscheidung wurde sodann vom Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe aufgehoben.

Zur Entscheidung des BGH

Der BGH war sich mit den Richtern des OLG einig, dass keine Verpflichtung zur Übertragung des Patents oder eines Teils davon bestanden hat.

Grundsätzlich habe der Ingenieur zwar einen Anspruch aus § 16 Abs. 1 ArbNErfG gehabt. Jedoch ist dem Kläger die Vergütung für seine Erfindung noch nicht vollumfänglich zugeflossen, sodass die Firma dem Ingenieur hätte anbieten müssen, dass ihm als Ausgleich für die Aufgabe des Schutzrechts dessen Übertragung zufließt. Nach Meinung des BGH hätte der Arbeitnehmer dies nach der Frist des § 16 Abs. 2 ArbNErfG aber innerhalb von drei Monaten verlangen müssen. Jedenfalls sei das Schreiben im Juli 2016 zu spät gewesen.

Zudem stellen die Richter des X. Zivilsenats fest, dass es am Ergebnis des Urteils nichts ändern würde, wenn die Arbeitgeberin das Recht zu einem späteren Zeitpunkt doch nicht mehr aufgeben will. In einem solchen Fall bleibe es bei der ursprünglichen Konstellation und der Arbeitnehmer muss für die Erfindung bezahlt werden.

Praxishinweis

Das Arbeitnehmererfindungsrecht zeigt sich als hochkomplexes Rechtsgebiet in dem es vor allem darum geht, schnellstmöglich eine optimale Entscheidung zu treffen.

Grundsätzlich gilt nach dem Patentgesetz: Dem Erschaffenden einer Erfindung steht das Erfinderrecht zu, das heißt, dieser Person sollen die Vorteile der Erfindung, insbesondere die vermögensrechtliche Bereicherung zuteilwerden. Die Mehrheit an technologischen Entwicklungen und Erfindungen kommen jedoch aus Forschungsabteilungen von Industriebetrieben; die Erfindungen stammen meist von Angestellten. An dieser Stelle kommt es zu einer Kollision verschiedener Rechtspositionen. Derartige Interessenkonflikte werden in Deutschland über das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen in angemessenen Ausgleich gebracht.

Gern beraten wir Sie zu allen Rechtsfragen rund um das Arbeitnehmererfindungsrecht. Sprechen Sie uns an!

BGH: Urteil vom 27.07.2021/ AZ: X ZR 61/20

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