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Zwischen Innovation und Schutz: Wie viel Raum bleibt für die Rechte der Kreativen?

Urheberrecht im Spannungsfeld des technischen Fortschritts – Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 27.09.2024 zur Erstellung von KI-Trainingsdaten

Der Einsatz künstlicher Intelligenz wirft seit geraumer Zeit eine Vielzahl an Fragen auf, die insbesondere in der Kreativbranche zu großer Unsicherheit führen. Die Relevanz des Themas bleibt weiterhin ungebrochen, da die damit einhergehenden rechtlichen Unsicherheiten bislang noch immer ungelöst sind.

Besonders im Urheberrecht zeigt sich ein erheblicher Klärungsbedarf: Wer besitzt die Urheberrechte an Werken, die von KI generiert wurden, wie etwa Texte, Bilder oder Videos? Zudem sorgt die Nutzung von Trainingsdaten für erhebliche Unklarheit. Vor allem besteht die Gefahr, dass die Rechte der Urheber jener Werke verletzt werden, die zur Entwicklung und Optimierung von KI-Modellen verwendet werden.

Dieses Spannungsfeld verdeutlicht den dringenden Bedarf an klaren rechtlichen Regelungen.

Text und Data Mining: Wie KI-Modelle mit Trainingsdaten arbeiten

Zum Einsatz kommen dabei computergestützte Analyseverfahren, um die Vielzahl an Daten durchforsten und aufbereiten zu können. Diese Prozesse werden unter dem Stichwort „Text und Data Mining“ zusammengefasst. Dabei handelt es sich jedoch um einen komplexen, mehrstufigen Prozess, bei dem die Daten zunächst vervielfältigt und in weiteren Schritten strukturiert, kategorisiert und ggf. in andere technische Formate umgewandelt werden. Dies hat den Hintergrund, dass für die Nutzung zum Training von KI-Modellen maschinenlesbare Datensätze erzeugt werden müssen.

Ob urheberrechtlich geschützte Inhalte jedoch auch im Zusammenhang mit dem Training von KI-Modellen vervielfältigt werden dürfen, war bisher höchst umstritten.

Urteil des Landgerichts Hamburg: Wichtiger Schritt im KI-Recht

Nun hat das Landgericht Hamburg in einer mit Spannung erwarteten Entscheidung ein erstes Urteil gefällt (Urteil vom 27.09.2024 – Az. 310 O 227/23).

Das Gericht bejahte die Frage zumindest in Bezug auf den vorbereitenden Prozess der Erstellung von Trainingsdaten und stützte sich dabei auf § 60d UrhG. Danach sind Vervielfältigungen für Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Unter anderem gilt diese Privilegierung für Forschungsorganisationen wie Hochschulen, sofern diese keine kommerziellen Zwecke verfolgen. 

Hintergrund des Urteils war der folgende Fall:

Geklagt hatte ein Fotograf, der sein Werk einer Website für Stock-Fotos zur Verfügung stellte. Das Foto wurde schließlich von LAION, einem gemeinnützigen Verein, heruntergeladen und zum Zwecke der Erstellung eines Trainingsdatensatzes für KI-Modelle aufbereitet. Schließlich erfolgte der Upload einer Datei, welche eine ganze Masse an Hyperlinks und den dazugehörigen Beschreibungen der Daten enthielt. Das eigentliche Foto wurde dementsprechend nicht mit dem Datensatz geteilt, was für das Verständnis der urheberrechtlichen Normen hervorzuheben ist.

Besonders wichtig ist zudem, dass der Fotograf zuvor auf der Website einen Hinweis eingefügt hatte, wonach die Nutzung im Rahmen automatisierter Prozesse untersagt war.  

Darauf kam es im Ergebnis jedoch nicht an.

Wissenschaftliche Forschung vs. Kommerzielle Nutzung

Zwar besteht neben § 60d UrhG auch die Regelung des § 44b UrhG, die ebenfalls auf Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützter Inhalte zum Zwecke des Text und Data Mining Anwendung findet. Anders als bei § 60d UrhG kommt es hier jedoch nicht darauf an, ob die verfolgten Zwecke der wissenschaftlichen Forschung dienen oder eher kommerzieller Absicht sind. Demzufolge ist die Vervielfältigung unzulässig, wenn der Rechteinhaber einen Nutzungsvorbehalt erklärt hat.

Diese muss in „maschinenlesbarer Form“ geschehen.

Das Urteil: Was ist im Fall von KI-generierten Werken erlaubt?

Das LG Hamburg entschied nun, dass auch die im streitigen Fall vorliegende Erklärung in natürlicher Sprache ausreichen dürfte.

Letztendlich ist dies nicht entscheidend, da die Vervielfältigung durch den gemeinnützigen Verein LAION sich hier auf die wissenschaftlichen Forschungszwecke gemäß § 60d UrhG stützen kann. Das Gericht sah die Nutzung und Vervielfältigung des Werkes zur Erstellung der Datei für Trainingsdaten als zulässig an. Denn § 60d UrhG erlaubt eine solche Nutzung gerade dann, wenn damit wissenschaftliche Zwecke verfolgt werden.

Mit der Entscheidung des Landgerichts ist somit keineswegs die Frage geklärt, ob die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für das eigentliche Training von KI-Modellen tatsächlich zulässig ist. Die Entscheidung betrifft allein die vorbereitende Phase der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für die Schaffung von Trainingsdaten – nicht jedoch den unmittelbaren Einsatz zum Training von KI-Modellen.

Fazit und Ausblick: Rechtliche Zukunft der KI im Urheberrecht

Im Ergebnis ist das Urteil damit längst nicht geeignet, Klarheit in die komplexen und vielfältigen Problemkreise im Zusammenspiel von Urheberrecht und künstlicher Intelligenz zu bringen. Insbesondere die eigentliche Frage, ob die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken zum Training von KI-Modellen zulässig ist, bleibt weiterhin offen.

Dennoch ist die Entscheidung ein erster wichtiger Schritt zur Schaffung von Rechtssicherheit und wird die weitere Entwicklung der Rechtsprechung maßgeblich beeinflussen.

Es ist jedoch zu erwarten, dass der Rechtsstreit damit noch nicht sein Ende gefunden hat, sondern in die nächste Instanz gehen wird. Auch eine Vorlage beim EuGH scheint wahrscheinlich, sodass es spannend bleibt, welche Entwicklungen der Fall weiterhin nehmen wird und wie das Ganze auch europarechtlich zu bewerten ist.


Über die Autorin
Josephine Klawon
Josephine Klawon

Als Rechtsanwältin des Legal Teams unserer Kanzlei berate ich in allen Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere in den Bereichen des Marken- und Urheberrechts.

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