In einem Markenverletzungsverfahren musste der weltweit agierende Onlineversandhändler Amazon kürzlich eine Niederlage hinnehmen. Im Rechtsstreit mit dem französischen Designer Christian Louboutin hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass auch das bloße Anbieten markenverletzender Waren Dritter eine eigene Haftung des Versandhändlers begründen kann.
Hintergrund des Rechtstreites
Der französische Designer Christian Louboutin ist nicht nur für Luxushandtaschen bekannt, sondern vor allem für seine hochhackigen Schuhe mit der roten Sohle im Farbton „Pantone-181663TP“. Hierfür hat der Designer bereits mehrere Marken eintragen lassen. Seit 2016 ist die Verwendung des Farbtons für die Sohlen von Schuhen auch als Europäische Marke geschützt.
Dieses Recht machte der Markeninhaber nun gegen den Onlinehändler Amazon geltend. Im umfangreichen Angebot der Plattform befanden sich Angebote von hochhackigen Schuhen mit roten Sohlen, durch welche sich der Designer in seinem Markenrecht verletzt sah. Amazon ist sowohl als Einzelhändler tätig als auch als Plattform für Dritte, die auf diesem Online-Marktplatz ihre Waren anbieten und Verkaufen können. Amazon wies eine Verletzung zurück, da nicht die eigenen Produkte diese roten Sohlen hätten, sondern Produkte von Dritten. Amazon vertrat die Ansicht, dass die bloße Eigenschaft als Betreiber einer Plattform keine Markenrechtsverletzung begründen würde, auch wenn auf der Plattform Markenrechtsverletzungen erfolgen würde.
Ausgangspunkt ist Art. 9 Verordnung (EU) 2017/1001 – der Unionsmarkenverordnung. Damit wird dem Inhaber einer Unionsmarke das Recht verliehen, Dritten die Benutzung eines identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen zu untersagen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es vor allem, die Hauptfunktion der Marke zu schützen: denn diese liegt gerade darin, eine eindeutige Zuordnung von Waren (oder Dienstleistungen) zu einem bestimmten Unternehmen zu ermöglichen.
Im vorliegenden Fall hatte der Europäische Gerichtshof zu klären, inwieweit das Angebot markenrechtsverletzender Waren über Amazon als Betreiber einer Plattform für Drittverkäufer eine rechtswidrige „Benutzung“ der Marke darstellt. Die Besonderheit des Falls liegt hier darin, dass der Markeninhaber Christian Louboutin nicht gegen den Verstoß konkurrierender Mitbewerber vorgeht (wie üblich), sondern gegen den Versandhändler als Anbietenden selbst.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes
Der Europäische Gerichtshof befand nun, dass unter Umständen auch eine Markenverletzung allein durch das Anbieten bzw. Bewerben der Waren von Drittanbietern vorliegen könne. Hierfür sei eine Betrachtung der Umstände des Vertriebs, insbesondere die Gestaltung der Website, und der dadurch erzeugten Wahrnehmung beim Verbraucher entscheidend.
Denn unter einer „Benutzung“ im Sinne von Art. 9 UMV sei auch die Verwendung eines Zeichens in der „kommerziellen Kommunikation“ eines Unternehmens zu verstehen. Das heißt, die Benutzung eines geschützten Zeichens im Zusammenhang mit dem Anpreisen von Waren oder dem bloßen Hinweis auf das Warenangebot kann ebenfalls rechtsverletzend sein.
Im Streitfall sei nach Auffassung des Gerichts ausschlaggebend, dass Amazon seine eigenen Verkaufsangebote gemeinsam mit denjenigen von Marketplace-Anbietern einheitlich präsentiere. Hinzu komme das bei jedem Angebot übliche Einblenden des Amazon-Logos – ganz gleich, ob es sich um eigene oder fremde Angebote handelt. Gerade hierfür erhalten Marketplace-Händler im Gegenzug eine entsprechende Unterstützung bei der Vermarktung ihres Angebots.
Praxishinweis
Das Urteil des EuGH setzt ein wichtiges Zeichen in Bezug auf den Schutzumfang des Markenrechts. Denn damit ist eindeutig klargestellt, dass auch das Anbieten, Bewerben sowie Inverkehrbringen von Waren über bloße Versandanbieter oder Online-Händler unter Umständen eine eigene Rechtsverletzung darstellen kann. Die nationalen Gerichte müssen nun anhand der Kriterien des EuGH entschieden, ob eine Markenrechtsverletzung in den konkreten Fällen vorliegt.
Die Nutzung des Amazon-Marketplace ist in der Praxis eine beliebte Möglichkeit, um Warenangebote wirksam zu vertreiben – das Urteil schafft damit Rechtssicherheit und bietet ein effektives Mittel, um gegen rechtsverletzende Warenangebote vorzugehen. Und zeigt einmal mehr, dass Markenschutz sich lohnt.
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Quellen:
Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 22.12.2022 – C-148/21 und C-184/21