Kompromiss für Impfstoffpatente – Ein Gewinn für die Gesellschaft?
Vom 12. bis 17. Juni 2022 fand in Genf die 12. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) statt, nachdem die Konferenz wegen der COVID-19-Pandemie um eineinhalb Jahre verschoben wurde. Im Vorfeld der Veranstaltung forderten Indien und Südafrika, dass die Patente für die Impfstoffe zur Eindämmung der Corona-Pandemie freigegeben werden. Während der Konferenz konnte nun im Rahmen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (kurz: TRIPS) ein Kompromiss bezüglich der Aussetzung der Patente gefunden werden.
Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte e.V. (kurz: BDPA) bezweifelt, dass der gefundene Kompromiss zur Aussetzung der Patente das Problem der ungleichen Verteilung der Impfstoffe lösen wird.
Werden Impfpatente bis 2027 ausgetzt?
Der Kompromiss
Die WTO entschied, dass einzelne „berechtigte“ Staaten die Rechte des geistigen Eigentums an den Impfstoffen für eine kurze Zeit aussetzen können. Eine genaue Definition, welche Staaten diese „berechtigten Mitglieder“ sind, welche die hinzugewonnenen Rechte bis 2027 anwenden dürfen, liefert die Erklärung nicht. Vorwiegend sind wohl Entwicklungsländer, ausgenommen China, von dieser Formulierung umfasst.
Mit dem Kompromiss wird zwar partiell die Schutzwirkung von Patenten ausgesetzt, jedoch hatten potenzielle Impfstoffproduzenten mit der Möglichkeit von Zwangslizenzen (Art. 31 TRIPS) und Benutzungsanordnungen (§ 13 PatG) bereits Instrumente in der Hand, welche es ihnen ermöglichten, im Zweifel ohne die Zustimmung der Patentinhaber zu agieren. Zudem sind die Formulierungen des Kompromisses in weiten Teilen unkonkret, sodass ein erheblicher Handlungsspielraum und damit die Möglichkeit des Missbrauchs der Rechte besteht.
Statt einer Freigabe der Patente, wie durch Indien und Südafrika gefordert, wird nun partiell die Schutzwirkung der Patente eingeschränkt, sodass einige Stimmen den geschlossenen Kompromiss als unzureichend für Entwicklungsländer erklären.
Stellungnahme des BDPA
Nach Meinung des BDPA-Präsidenten Detlef von Ahsen sollte die Versorgung der Weltbevölkerung mit Impfstoffen oberste Priorität haben. Jedoch sei man dem Ziel, höhere Impfquoten im globalen Süden zu erreichen und mehr Impfstoff weitreichender zu verteilen, nicht näher gekommen. Seiner Meinung nach ging die Diskussion am eigentlichen Problem vorbei, denn es werde bereits viel Impfstoff produziert. Die Frage der Verteilung sei demnach das eigentliche Problem, welches jedoch weiterhin ungelöst bleibt.
Eine Lösung des Problems kann jedoch nach Meinung von Ahsens nur mit Hilfe der Patentinhaber gelingen. Das kurzfristige Nacharbeiten von patentierten Fertigungsprozessen und Komponenten werde ohne das Know-How der Patentinhaber nicht gelingen.
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