Der Online-Handel ist beliebt wie nie zuvor. Immer mehr Kunden bestellen Ware online: im Jahr 2023 betrug der Umsatz im B2C-E-Commerce in Deutschland 85,4 Milliarden Euro.
Doch nicht immer laufen Online-Vertragsabschlüsse ohne Probleme ab. Gerade die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sorgen dabei immer wieder für Rechtsstreitigkeiten. Das Oberlandesgericht Nürnberg musste sich mit den AGB eines Discounters auseinandersetzen und ihre Wirksamkeit prüfen.
Sachverhalt
Ein Discounter bietet neben seinen Ladengeschäften auch einen Online-Handel an. Damit Kunden im Onlineshop des Discounters eine Bestellung abschließen konnten, müssen sie die AGB akzeptieren. Der Discounter hatte in seinen AGB festgelegt, dass der Kaufpreis vorab zu zahlen sei, obwohl der Kaufvertrag erst mit der Zustellung der Ware zustande kommt.
Ein Verbraucherschutzverband erhob Klage gegen diese Praxis. Die Kläger argumentierten, dass diese Regelung die Verbraucher unangemessen benachteilige und gegen grundlegende Prinzipien des Vertragsrechts verstoße. Der Verband argumentierte, dass der Kaufpreis erst mit Abschluss des Kaufvertrages verlangt werden darf. Der Discounter wendete ein, dass das Verlangen der Vorkasse-Zahlung gerechtfertigt sei, um bei höherpreisiger Ware abgesichert zu sein. Der Verbraucher sei auch nicht schutzlos, da u.a. Rückzahlungsansprüche des Verbrauchers bestehen, sofern kein Vertrag zustande kommen sollte.
Das Landgericht Amberg wies die Klage ab. Der Verband legte Berufung ein und das OLG Nürnberg hatte sich mit den AGB auseinanderzusetzen.
Rechtliche Würdigung
Das OLG Nürnberg gab der Berufung statt und erklärte die AGB des Discounters für unwirksam.1 Das Gericht stellte fest, dass eine Vorauszahlungspflicht vor dem Zustandekommen des Kaufvertrages eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers darstellt. Diese Praxis widerspricht dem Transparenzgebot, das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankert ist. Zwar gäbe es ein legitimes Interesse an der Vorkassenzahlung, aber nicht daran, den Zeitpunkt des Vertragsschlusses weiter hinauszuschieben. Verbraucher könnten nach Ansicht des Gerichts nicht sicher sein, ob sie die bestellte Ware tatsächlich erhalten. Eine solche Regelung benachteiligt die Verbraucher, da sie das Risiko tragen, ohne vertragliche Sicherheiten eine Zahlung zu leisten. Dies gelte insbesondere aus dem Grund, da beim Zusammenspiel von Vorkasse und der AGB-Regelung (nach der der Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinausgezögert wird) der Verbraucher das Insolvenzrisiko des Händlers trage, ohne dass es zu einem Vertragsschluss kommt. Der Kunde wird nach Ansicht des Gerichtes in solchen Fällen schutzlos gestellt.
Der Verstoß gegen die vertragsrechtlichen Regelungen des § 307 BGB führe zudem nach Ansicht des Gerichtes im streitgegenständlichen Fall auch zu einem Verstoß gegen § 3a UWG. Die Praxis, eine Vorauszahlung zu verlangen, bevor der Vertrag zustande kommt, stellt eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie missachtet die gesetzliche Regelung des Vertragsschlusses und führt zu einer erheblichen Benachteiligung der Verbraucher, da diese ohne die Sicherheit eines verbindlichen Vertrages in eine Vorleistungspflicht gedrängt werden.
Fazit und Ausblick
Dieses Urteil stärkt die Position der Verbraucher im Online-Handel deutlich. Das Zahlungsmittel „Vorkasse“ wird von dem OLG dabei selbst nicht beanstandet, allerdings darf der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht hinausgezögert werden.
Für Verbraucher bedeutet dies mehr Sicherheit und Transparenz beim Online-Kauf.
Händler müssen nun sicherstellen, dass ihre AGB den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und keine unangemessenen Zahlungsbedingungen enthalten.
Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil weitere Anpassungen in der Rechtsprechung oder sogar gesetzgeberische Maßnahmen nach sich ziehen wird. Die Entscheidung könnte zudem als Vorlage für ähnliche Streitfälle dienen und somit eine breite Wirkung entfalten .
Daher sollten Onlinehändler ihre AGB nun auf die aktuelle Rechtsprechung überprüfen. Gerne unterstützen wir Sie dabei.
Quelle
- OLG Nürnberg, Urteil vom 30.1.2024 – 3 U 1594/23 ↩︎