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Ein Jahr Upload­filter­gesetz

Einschränkung der Meinungsfreiheit, Gefährdung der Kunstfreiheit und unüberschaubare Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung – das sind nur einige Ausschnitte des Meinungsbildes der breiten Bevölkerung vor Einführung der Regelung über Uploadfilter. Ein Jahr später kann ein erstes Resümee gewagt werden – konnte die verfolgten Ziele der Stärkung des Urheberrechts und Schaffung eines digitalen Binnenmarktes auf EU-Ebene erreicht werden? In diesem Beitrag setzen wir uns mit den wesentlichen Kritikpunkten auseinander und betrachten die Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung.

Am 1. August 2021 trat das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) in Kraft, welches dazu dient, die Vorgaben einer EU-Richtlinie in nationales Recht zu überführen. Im Kern enthält das Gesetz ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger und Regelungen zur Einführung von algorithmischen Filtersystemen, sog. Upload-Filtern. Gerade die Einführung der Uploadfilter wurde mehrheitlich gefürchtet und scharf kritisiert.

Hintergrund

Vor knapp einem Jahr berichteten wir in unserem Blogbeitrag „Die Urheberrechtsreform: Mehr Freiheit für eine digitale Welt?“ über die größte Reform des europäischen Urheberrechts der letzten 20 Jahre. Der wohl umstrittenste Teil der Reform, das Urheberrechts-Dienste-Anbietergesetz (UrhDaG), soll insbesondere die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen mit nutzergeneriertem Content regeln. Dieses Ziel soll durch die Einführung von Uploadfiltern erreicht werden. Zudem beinhaltet das Gesetz Regelungen zu Vergütungsansprüchen und Nutzungsrechten der Kreativen auf digitalen  Plattformen.

Das Gesetz ist an Diensteanbieter gerichtet, deren Hauptzweck es ist, urheberrechtlich geschützte Inhalte Dritter zu speichern und diese anschließend öffentlich zugänglich zu machen. Dies sind vornehmlich Social-Media-Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok. Jene Plattformen erhalten kein eigenes Verwertungsrecht an den Inhalten. Stattdessen werden ihnen durch das UrhDaG Verhaltenspflichten auferlegt, um die Rechte der Urheberinnen und Urheber zu schützen. Verstoßen die Plattformen gegen jene Verhaltensregeln, so haften sie unmittelbar.

Aus dem Vorangegangenen ergibt sich, dass die Nutzerinnen und Nutzer, welche keine kommerziellen Zwecke mit ihren Inhalten verfolgen, selbst nicht haftbar gemacht werden können. Daraus ergibt sich, dass die Plattformen bei Anzeigen der Rechteinhaber Uploads entfernen müssen, solange keine gesetzliche Erlaubnis greift. Hier kommen Uploadfilter zum Einsatz, um der riesigen Datenmenge Herr zu werden. Ein Kritikpunkt war zuvor, dass es zu einem sog. Overblocking kommen würde, d.h. es werden mehr Inhalte entfernt als nötig, damit die Plattformen keinerlei Haftungsrisiko eingehen müssen.

 

Overblocking

Diese Gefahr hat sich tatsächlich nicht realisiert. Das Gesetz bietet selbst wirkungsvolle Instrumente, um einem Overblocking entgegenzuwirken. Einerseits können Nutzungen durch das sog. trusted flagging als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet werden. Dabei unterstützen als besonders vertrauenswürdig eingestufte Hinweisgeber und Hinweisgeberinnen die jeweilige Plattform bei der Suche nach missbräuchlichen und rechtsverletzenden Inhalten. Gesetzlich erlaubt ist beispielsweise die Nutzung eines Werkes im Rahmen einer Karikatur, Parodie oder als Pastiche (Nachahmung). Zudem gibt es eine unwiderlegbare Vermutung, dass Inhalte erlaubt sind, wenn sie Werkteile nur geringfügig nutzen, verschiedene Werke kombiniert werden oder sie weniger als die Hälfte eines Werkes enthalten.

Sollten Inhalte dennoch unrechtmäßig entfernt worden sein, besteht die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahrens.

Es zeigt sich, dass dem Overblocking wirkungsvoll entgegen gewirkt wird und auch das Angebot der Diensteanbieter bisher nicht abgenommen hat. Somit ist das Ziel, das Urheberrecht zu stärken und mehr Rechtssicherheit zu schaffen, erreicht.

Digitaler Binnenmarkt

Ein weiteres Ziel der Europäischen Union war es, durch die Richtlinie einen digitalen Binnenmarkt auf EU-Ebene zu schaffen. Darunter ist ein geplanter Wirtschaftsraum zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verstehen, welcher im Rahmen der Richtlinie auf die Bereiche Telekommunikation und Digitales ausgerichtet werden soll.

Bis heute haben nicht alle Mitgliedsstaaten die Richtlinie umgesetzt und auch die Umsetzung selbst verlief in den einzelnen Staaten äußerst unterschiedlich. Diese Divergenz in den rechtlichen Grundlagen führt selbstredend an dem Ziel einer Vereinheitlichung der Rechtsnormen vorbei. Vorübergehend zeigt sich, dass Social-Media-Plattformen zwar eigene Lösungen finden, um für alle Mitgliedsstaaten gleichermaßen zu funktionieren. Eine dauerhafte Lösung kann dies natürlich nicht darstellen.

Wer von der Reform tatsächlich profitiert

In seiner Gesamtbetrachtung kann konstatiert werden, dass das UrhDaG eine gute Lösung darstellt, um Urheberrechte zu stärken. Die Urheberinnen und Urheber können tatsächlich Mehreinnahmen verzeichnen und erfahren jedenfalls wirtschaftlich eine spürbar größere Wertschätzung.

Auch private Nutzerinnen und Nutzer können von dem Gesetz profitieren. Sie werden faktisch von jeglicher Haftung freigestellt. Zudem haben sie ein wirkungsvolles Instrument zur kollektiven Rechtewahrnehmung erhalten.

Ausblick

Es bleiben weitere Unsicherheiten. Gerade im Bereich der Verwertungsgesellschaften zeichnen sich Nachteile ab. Als Folge der Reform haben sich neuartige Lizenzmodelle mit pauschalen Vergütungsansprüchen herausgebildet. So besteht die Pflicht, von den gegen die Plattformen bestehenden Vergütungsansprüchen, einen Teil als Direktzahlung an die Urheberinnen und Urheber abzutreten. Gegen diese Entwicklung hat die Musikindustrie Verfassungsbeschwerde eingelegt. Damit wird auch weiterhin spannend bleiben, wie sich die Reform in ihrer praktischen Anwendung auswirkt.  

Im Ergebnis sind etwaige Problemstellungen vornehmlich in der praktischen Umsetzung zu sehen. Es bleibt demnach zu hoffen, dass weitere Reformen vorerst ausbleiben und dadurch Zeit bleibt, das aktuelle Recht europaweit zu harmonisieren.

Patent & Legal

Praxishinweis

Sie möchten sich im Bereich des Urheberrechts beraten lassen? Wir stehen rund um das Thema Urheberrecht gern für all Ihre Fragen zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Weitere Informationen

Die Vorschriften des UrhDaG finden Sie hier [Externer Link]. Noch mehr Informationen erhalten Sie im Artikel [Externer Link] von Prof. Dr. Christian-Henner Hentsch.

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