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Die Hürden des Eilantrages bei Onlinerezensionen

Zur rechtlichen Herausforderungen im Umgang mit Online-Rezensionen und der Bedeutung einer fundierten rechtlichen Prüfung vor Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz.

Das Konsumverhalten hat sich immer mehr gewandelt: statt in lokalen Ladengeschäften einzukaufen, verwenden immer mehr Konsumenten Onlineshops. 2023 haben etwa 75% der 16- bis 74jährigen Befragten bereits etwas online bestellt.1 Anbieter, lokal oder online, werden dabei auch bewertet. Diese Bewertungen sind oft Erfahrungsberichte und beeinflussen die Kaufentscheidung von potenziellen Kunden – für die Unternehmen dies kann Fluch und Segen zugleich sein. Negative Rezensionen auf Plattformen können erhebliche Auswirkungen auf den Ruf und damit gegebenenfalls auch auf die geschäftlichen Erfolge der betroffenen Händler und Unternehmen haben. Der vorliegende Fall vor dem OLG Bamberg zeigt die Herausforderungen und rechtlichen Hürden, denen Unternehmen begegnen können, wenn sie gegen unzulässige Online-Rezensionen vorgehen möchten. 

Sachverhalt

Die Verfügungsklägerin betreibt einen internationalen Webshop für Speicherlösungen und wurde von einem Kunden, dem Verfügungsbeklagten, auf der Plattform Google Reviews negativ bewertet. In seiner Rezension behauptete der Verfügungsbeklagte unter seinem Pseudonym diverse Mängel an den erworbenen Speichermodulen. Er führt u.a. aus, es werde minderwertige Ware zu überteuerten Preisen angeboten, die Produkte seien inkompatibel, Typenschilder seien mit Garantiesiegeln überklebt worden, deren entfernen zum Erlöschen des Anspruchs führen würde. Auch der Kundenservice und ausgesprochene „Garantien“ seien nicht eingehalten worden. Als Überschrift wählte der Verfügungsbeklagte „Achtung hier die Finger weg lassen und nichts kaufen“. An den Seiten jeweils drei Warndreiecke. 

Nach einer Abmahnung durch die Verfügungsklägerin löschte der Verfügungsbeklagte die Rezension und alle seine Beiträge auf der Plattform. Zudem beendete er seine Teilnahme an dem Local-Guide Programm. 

Dennoch befürchtete die Verfügungsklägerin, dass die Bewertung erneut auftauchen könnte, und stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung ähnlicher Äußerungen. Sie behauptet, in der Rezension seien unwahre Tatsachenbehauptungen vorgetragen worden und es handle sich um Schmähkritik. Die Vorwürfe des Verfügungsbeklagten wurden zurückgewiesen. Zudem sei zu befürchten, dass nicht alle Rezensionen gelöscht wären, sodass auch die Dringlichkeit bestehe. 

Die Verfügungsbeklagte behauptet, dass es sich bei einigen der Äußerungen um Meinungsäußerungen bzw. um wahre Tatsachenbehauptungen handle. Zudem beabsichtige er nicht, die Aussagen erneut zu veröffentlichen. Die strafbewerte Unterlassungserklärung habe er nicht abgegeben, da er nicht sicher war, ob die Plattform sämtliche Rezensionen entfernt habe. Eine Dringlichkeit läge zudem nicht vor, da die Verfügungsklägerin Kenntnis von den Rezensionen gehabt hätte oder zumindest grob fahrlässige Unkenntnis.  Dementsprechend habe sie zu lange gewartet, um die Ansprüche geltend zu machen und ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei verspätet. 

Das Landgericht (LG) Schweinfurt lehnte den Antrag ab. Es fehle die Dringlichkeit und damit der Verfügungsgrund fehle. Die Verfügungsklägerin reichte Berufung ein. Nun musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit dem Fall beschäftigen.2

Rechtliche Würdigung

Auch das OLG wies die Berufung zurück. 

Eine Dringlichkeit liegt auch nach Ansicht des OLG nicht vor. Der Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit (auch „Dringlichkeit“) liegt vor, wenn die objektiv begründete Gefahr besteht, dass durch Veränderung des status quo die Rechtsverwirklichung des Gläubigers mittels des im Hauptsacheprozess erlangten Urteils einschließlich dessen Vollstreckung vereitelt oder erschwert werden könnte. Ein solch begründete Gefahr kann auch bei einer Wiederholungsgefahr bestehen (§§ 935, 940 ZPO).

Das Gericht kam zu der Auffassung, dass die Verfügungsklägerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe, dass eine Wiederholungsgefahr bestehe, nachdem der Verfügungsbeklagte aus dem Local-Guide Programm ausgestiegen war. Der Verfügungsbeklagte hat mittels einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass er nicht nur sämtliche Rezensionen gelöscht hat, sondern auch noch die Tätigkeit als Local-Guide beendet und das Google-Konto gelöscht hatte, mit dem die Rezensionen verfasst hatte. Eine neuerliche Veröffentlichung sei damit nicht mehr möglich 

Der Gerichtsbeschluss betonte zudem, dass die Verfügungsklägerin durch die Löschung der Rezension momentan nicht in ihren Rechten beeinträchtigt sei, die Rezensionen sind derzeit nicht abrufbar. Eine Eilbedürftigkeit sei daher nicht gegeben, da nicht erkennbar sei, welche konkreten Nachteile der Verfügungsklägerin durch eine nicht veröffentlichte Rezension entstehen könnten. Die theoretischen Unsicherheiten der Verfügungsklägerin überzeugten nicht.

Fazit

Das Urteil des OLG Bamberg verdeutlicht die rechtlichen Herausforderungen im Umgang mit Online-Rezensionen und die Bedeutung einer fundierten rechtlichen Prüfung vor Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass nicht jede negative Bewertung automatisch einen Grund für eine sofortige gerichtliche Maßnahme darstellt.

Die Entscheidung zeigt auch, dass Gerichte bei der Beurteilung von Verfügungsanträgen eine pragmatische Herangehensweise wählen, um die Interessen beider Parteien ausgewogen zu berücksichtigen. Sie sind darauf bedacht, die Meinungsfreiheit und den Schutz vor Rufschädigung sorgfältig abzuwägen.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass eine proaktive Strategie im Umgang mit Kundenbewertungen unerlässlich ist. Eine schnelle Löschung unzulässiger Inhalte kann zwar helfen, langfristig aber sollten rechtliche Schritte wohlüberlegt und auf einer soliden rechtlichen Grundlage basieren. Zudem sollten Unternehmen engmaschig Rezensionen kontrollieren, um zeitnah gegen diese vorgehen zu können. Ein zu langes Warten kann dazu führen, dass ein Eilantrag mangels Dringlichkeit abgewiesen wird. 

Insgesamt zeigt dieser Fall, wie wichtig es ist, zwischen rechtlichem Anspruch und praktischer Umsetzbarkeit zu unterscheiden, um effektiv gegen rechtswidrige Online-Rezensionen vorgehen zu können.

Gerne beraten wir Sie zum richtigen Umgang mit Rezensionen. 

Quellen

  1. Onlineshopping 2023: Immer mehr Menschen kaufen online – Statistisches Bundesamt (destatis.de) ↩︎
  2. OLG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 13.02.2024 – 6 U 42/23 e ↩︎
About the author
Sabrina Lahne
Sabrina Lahne

As a lawyer in the legal team of our law firm, I advise on all matters of commercial law, in particular in the area of trade mark law.

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